Online-Coaching: ein Ansatz für die digitale Welt
Dieser Gastbeitrag beschreibt aus der Sicht eines Coaches, worauf es beim Coaching wirklich ankommt. Dabei gelingt es dem Autor auch die Position der Kunden einzunehmen und auf die Chancen, Probleme und Lösungswege hinzuweisen. Jetzt, in der Zeit der täglichen Veränderungen, bedingt durch ein Virus, kann ein befristetes Coaching helfen, Krisen zu überstehen.
Was ist Coaching?
Wenn wir im Zusammenhang dieses Artikels über Coaching sprechen, so stütze ich mich auf die Definition des Deutschen Bundesverbandes Coaching e.V., deren Kernsatz lautet:
„Coaching ist die professionelle Beratung, Begleitung und Unterstützung von Personen mit Führungs- / Steuerungsfunktionen und von Experten in Unternehmen / Organisationen. Zielsetzung von Coaching ist die Weiterentwicklung von individuellen oder kollektiven Lern und Leistungsprozessen bzgl. primär beruflicher Anliegen.“
Und weiter „Ein grundsätzliches Merkmal des professionellen Coachings ist die Förderung der Selbstreflexion und -wahrnehmung und die selbstgesteuerte Erweiterung bzw. Verbesserung der Möglichkeiten des Klienten bzgl. Wahrnehmung, Erleben und Verhalten“.
Diese Abgrenzung ist erforderlich, weil heute unter dem Begriff Coaching viele Beratungsansätze verstanden werden und ich den Begriff auf den beruflichen Aspekt beziehe.
Natürlich kann Coaching sich zusätzlich anderer Methoden bedienen, kann also je nach Situation Beratungs- Trainings-, oder Moderationselemente enthalten, sofern diese der Zielerreichung förderlich sind.
Die Zeitfrage
Eine weitere klare Abgrenzung gilt hin zur Psychotherapie. Als Coach sollte man seine Grenzen kennen und seinen Klienten darauf hinweisen, wenn eine Behandlung sinnvoll sein könnte.
Und noch ein Weiteres. Coaching sollte, nach meinem Verständnis, eine Begleitung auf Zeit sein, die sich selbst überflüssig macht, wenn der Klient sein Ziel erreicht hat.
Coaching richtig einführen
Im beruflichen Umfeld kann Coaching eine Menge leisten. Wir stehen immer wieder an Wendepunkten in unserem Leben und fragen uns, wie geht es weiter. Bei vielen ergibt sich die nächste Chance von außen. Eine Anregung, ein Gespräch, ein Rat wie ‚Du könntest doch das oder jenes machen …‘, ist für viele von uns häufig der nächste Schritt, der uns in eine bestimmte Richtung führt. Das kann gut gehen. Warum nicht?
Besser ist es, eine Veränderung gezielt vorzunehmen. Dafür sind einige Schritte sinnvoll.
Zuerst sollte ich mir bewusst machen, woher ich komme. Zweitens sollte ich eine Haltung gewinnen zu dem, was ich bisher gemacht habe. Auf dieser Basis kann ich dann darüber nachdenken, wie ich die nächsten Schritte in die Zukunft gestalten will.
Vielen von uns fällt es nicht leicht, einen solchen Prozess für sich selbst zu steuern. Da können der Blick von außen und die Unterstützung durch einen erfahrenen Coach helfen, eine solche Standortbestimmung zu erarbeiten und daraus Zukunftsszenarien zu entwickeln, aus denen Handlungsoptionen entstehen.
Mein gelebtes Leben kann ich nicht mehr verändern, aber ich kann das Erlebte für mich fassbar machen, kann es einordnen, akzeptieren und für mich und andere erzählbar machen.
Wenn ich meine Geschichte in einer bestimmten Form erzählen kann, weil ich sie für mich selbst verstehe und annehme, dann hat dies eine Wirkung auf mich und wird auch die auf andere nicht verfehlen. Und von meinem Coach erwarte ich in diesem Prozess gutes Feedback, mehrstufig, manchmal retardierend, auch kreisend, bis die Form gefunden ist, in der ich in „meiner Geschichte zuhause bin“.
In meiner Praxis erlebe ich zunehmend, dass meine Klienten immer häufiger zeit- und punktgenaue Begleitung brauchen. Das führte dazu, ein Konzept zu entwickeln, das geeignet war, diesen Bedürfnissen gerecht zu werden. Dieses Konzept ist über die letzten Jahre entstanden und hat sich als Prozess mit den Klienten bewährt, unabhängig davon, wie alt oder technisch unerfahren sie waren.
Was bedeutet Online-Coaching
Zuallererst geht es immer um die Beziehung zum Klienten. Ohne den Aufbau einer ersten Beziehungsebene, auf der Vertrauen entsteht, ist kein Coaching möglich. Und so steht am Anfang ein persönliches Kennenlernen. Das muss nicht zwangsläufig in körperlicher Präsenz sein.
Ich habe es schon oft erlebt, dass dieses erste Vertrauen per Telefon oder einen ersten Videocall entstand.
Ist diese Ebene einmal geschaffen, lassen sich alle Instrumente einsetzen, die technisch denkbar und sinnvoll sind. Für das Individualcoaching ist es dabei nicht erforderlich, Extra-Tools einzurichten, die der Coachee erst lernen muss. Zum einen verfügen die meisten über die erforderlichen technischen Mittel und Einrichtungen, zum anderen ist die Nutzung vorhandener und geübter digitaler Prozeduren ein Vorteil für die Schnelligkeit und Verfügbarkeit im Coachingprozess.
Und das bedeutet, der eigentliche Wert liegt im Prozess.
Also genügt es, über ein Smartphone zu verfügen, einen E-Mail-Account zu haben und Zugang zum Internet. Und natürlich sollten beide Seiten über die Kompetenz verfügen, damit umzugehen.
Es kann schon einmal passieren, dass ich einem älteren Klienten zeigen muss, wie er Videokonferenzprogramme und digitale Flipcharts nutzen kann. Aber das ist eher selten.
Vielen sind diese Kommunikationsmittel inzwischen sehr vertraut, allein durch die Corona-Krise, die einen ordentlichen digitalen Schub gebracht hat. Natürlich muss der Coach auch selbst über diese Kompetenz verfügen. Bewährt hat sich auch, je nach Bedarf, Clouddienste zu nutzen. Das erleichtert die gemeinsame Dokumentation des Prozesses und der damit verbundenen Unterlagen.
Wer Sorge hat, dass seine vertraulichen Daten bei Google & Co. nicht sicher aufgehoben sind, für den gibt es technische Alternativen, die ich in meiner Coachingpraxis auch anbiete, und zwar nach den sicheren Standards in Deutschland.
Nachfolgend die schematische Darstellung des Prozesses und der damit verbundenen technischen Voraussetzungen.
© Stasch
So einfach es aussieht, in der Praxis ist es oft eine Herausforderung und verlangt vom Coach ein Höchstmaß an Flexibilität und Übersicht.
Nehmen Sie folgendes Beispiel: Herr K ist Manager in einem größeren Unternehmen. Sie begleiten ihn im Hintergrund in einem Changemanagementprozess. Seine Position ist gefährdet. Und gerade bekommt er eine Nachricht, auf die er sehr schnell reagieren muss…
Dann sollten Sie wissen, wie seine Problemlage ist, Sie sollten die relevanten Dokumente sehr schnell zur Verfügung haben, und Sie sollten ein Zeitfenster organisieren können, um mit ihm zu sprechen, wie diese neue Situation in den mit ihm betriebenen Coachingprozess passt und wie Sie ihn punktgenau und sofort situativ unterstützen können.
Fazit
Ohne ein entsprechendes digitales Umfeld und den Zugriff darauf kann es schwierig werden. Nachfolgend eine Übersicht, was Sie zur Verfügung haben sollten.
© Stasch
Das bedeutet für den Coach, dass er ebenfalls über die technische Kompetenz verfügt, mit den digitalen Elementen souverän umzugehen, um diese bei Bedarf auch sofort im Prozess einsetzen zu können. Und das ist auch meine Erfahrung aus langjähriger Praxis.
Ist die Vertrauensbasis erst einmal geschaffen und sind die zu verwendenden technischen Mittel geklärt, ist mit Online-Coaching auch ein Coaching über Kontinente möglich. Auch dies habe ich bereits erfolgreich in meiner Praxis angewendet. Inzwischen haben auch viele Firmen erkannt, dass Online-Coaching eine sehr gute Methode ist, Mitarbeiter zu begleiten, ganz gleich, ob diese im Home-Office sind, in virtuellen Teams arbeiten oder weltweit im Einsatz.
Die Kombination erfolgreicher Coaching-Methoden und digitaler Kompetenz in der Hand erfahrener Coaches kann die Personalarbeit in Unternehmen lösungsorientiert und punktgenau zu jeder Zeit unterstützen.
Über den Autor
Dieter Stasch hat umfassende Praxis als Manager, Moderator und Coach aus langjähriger Berufserfahrung in vielen Unternehmen mit unternehmerischer Verantwortung auf Organebene.
Schon früh hat er Mitarbeiter und Führungskräfte begleitet und gefördert und Change-Management-Projekte bis hin zur Betriebsaufspaltung in Unternehmen erfolgreich konzipiert und umgesetzt. Er kennt alle Facetten des Managerdaseins aus eigenem Erleben und als Coach. Er ist Mitglied der International Coach Federation, des Wirtschaftsclubs Rhein-Main und des Netzwerks Erfolgsfaktor Familie.
Als Existenzgründer-Coach begleitet er oft Manager in die Selbstständigkeit und lehrt an der Hochschule Darmstadt Teambuilding, Projektmanagement und Führung.